Ein kurzer Arbeitstag thematisiert das Arbeitsleben eines KP-Beamten um 1968. Der Film beruht auf wahren Begebenheiten und wurde in Polen noch nicht gezeigt.
Handlung
Ein Kurzer Arbeitstag ist ein fiktives Doku-Drama. Mit diesem Film rührte Krzysztof Kieślowski ein politisches Tabu, im Anbetracht des seit Dezember 1981 verhängten Kriegsrechtes, an. Der Film soll die brutal erstickten Arbeiterunruhen 1976 in Radom rekonstruieren, denen die Gründung der Solidarnosc folgte. Er basiert auf der Literaturreportage Hanna Krall Blick aus dem Fenster im ersten Stock.
Portraitiert wird ein junger Sekretär der KP (Wacław Ulewicz). Dieser war zum einen bei den Studentenunruhen 1968 dabei, zum anderen war er Funktionär bei den Auseinandersetzungen in Radom 1976. 1981 muss er sich, vor laufender Kamera, vor einem Tribunal der Solidarnosc für diese gewalttätigen Ausschreitungen verantworten. Er hat sich nichts vorzuwerfen, da er glaubt, zwischen der Menschenmenge und dem Zentralkomitee ein moderater Vermittler gewesen zu sein.
Der Film springt zwischen Flashbacks und Einblenden von Einschüchterungsmaßnahmen durch die Sicherheitspolizei, einzelner Arbeiter an denen Exempel statuiert wurden und der Aussage des Sekretärs vor dem Tribunal.
Kommentare kommen hier häufig aus dem Off (Gedanken). Die Ereignisse in Radom entwickeln vor dem Parteigebäude zunehmend Eigendynamik. Chaos entsteht und der Funktionär muss den Spagat zwischen Partei und Volk wagen. Der Held scheitert an den Sachzwängen und Kompromissen denen er unterworfen ist und die mit seinen ethischen Prinzipien unvereinbar sind.
Nach der Ausrufung des Kriegsrechts, wurde der Film verboten und blieb bis 1990 unter Verschluss. Krzysztof Kieślowski verhindert später selbst seine Ausstrahlung, da er ihn künstlerisch Misslungen und moralisch bedenklich findet. Bereits hier vollzieht sich die Abkehr Kieslowskis von motivierter Diagnose gesellschaftlicher Phänomene, hin zur Analyse der Gefühlssphäre. Es beginnt die Suche nach Mitteln und Wegen, um aus Filmen über Probleme Filme über Menschen zu machen. Das in einem Film ÄUßERE solle seinen Rahmen und nicht seinen INHALT bilden. Dies ist aber keine Flucht Kieslowskis vor dem Realismus, sondern eine Entwicklung nach Innen statt nach Außen. Die Abkehr von der Vordergründigkeit gesellschaftlicher Themen zugunsten der Auslotung psychischer Vorgänge. Endgültige Abkehr vom Dokumentarfilm.
Quellen und Literatur
- Wach, Margarete: Krzysztof Kieślowski – Kino der moralischen Unruhe.Köln, 2000.
- Maurer, Monika: Krzysztof Kieślowski. Harpenden, 2000.
- Stok, Danusia: Kieślowski on Kieślowski. London, 1993.
- Insdorf, Annette: Double lives, second chances: the cinema of Krzysztof Kieślowski. New York, 1999.