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Hintergründe der Trilogie

 

Hintergründe der Trilogie

Die Grundlage bilden die Farben der franz. Trikolore mit den Losungen „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“. Bezug zu den franz. Idealen bleibt aber wage. Im Zentrum des Interesses steht immer ein Individuum.

Krzysztof Kieślowski will zeigen, das Freiheit eine Illusion ist. Denn (siehe Polen) Freiheit hat nichts mit der Befreiung aus Zwangsmechanismen eines Systems zu tun, sondern sie bedeutet das Recht, die Freiheit der Selbstbestimmung, die letztlich nur individuell, aber kaum gesellschaftlich eingelöst werden kann. Obwohl die Ideale ursprünglich politische Begriffe waren, spielen politische oder geschichtliche Kategorien hier keine Rolle. Das verursacht Irritation, da alle vom Starregisseur eine Stellungnahme zu den politischen Entwicklungen in Osteuropa erwarteten. Die Kritik an der Trilogie: Entpolitisierung und ästhetische Verflachung zum Kunstgewerblichen.

Farben, Parolen, Spielorte (Frankreich, Polen, Schweiz) bilden den alle Teile verbindenden Konstruktionsrahmen mit Signalwirkung: Leiden, Schmerz und Erinnerung in Drei Farben: Blau , Erniedrigung und ein bitterer Triumph in Drei Farben: Weiß , Lebensmut und Verbitterung in Drei Farben: Rot . Krzysztof Kieślowski will die Parolen auf die Menschentauglichkeit untersuchen. Wollen wir das sein was diese Parolen uns verheißen? Grundthemen Liebe und Tod im Mittelpunkt, werden verwaltet vom Zufall. Die Filme sind die Erkundung intimster Sphären der Emotionen sowie der innern Wirklichkeit des Menschen. Details ermöglichen es die Wirklichkeit durch die Sinne hindurch zu erfahren (Farben, Musik, Bildkomposition/-Ausschnitt). Verschiebung von Makro zur Mikrostruktur der Wirklichkeit. Begriffliche Kontrastpaare sind: Leben/Tod, Hoffnung/Resignation, Glaube/Desillusionierung. Wiederkehrendes sind: Motive, Gesten, Situationen, Verhandlung ( Drei Farben: Blau / Drei Farben: Weiß ), Van den Buddenmayer, Frau mit Flaschen, Musik. Weitere Bezüge und Wiederholungen kommen aus den Dekalogen und Die Zwei Leben der Veronika.

Die Multiplizierung von Lebensvarianten eröffnet den Helden Möglichkeiten in und hinter der Wirklichkeit. Eine Art filmischer Konjunktiv. Die drei Farben kommen alle in allen Teilen vor. Manchmal sind sie Bedeutungsschwanger manchmal nicht. Die Farben sind nicht als im kollektiven Bewusstsein tradierte Symbole zu lesen, sondern erlangen durch den individuellen Zusammenhang mit der Erlebniswelt der Figuren erst eine Bedeutung. Sie dienen als Ausdrucksmittel psychologischexistentialistischer Portraits.

Die Musik Zbigniew Preisner erfüllt die Funktion eines Brückenschlags zwischen den Individuen und verweist auf die Sinn-Dimension aller drei Filme. Krzysztof Kieślowski ist auf den Zuschauer bedacht, der das Kino als intellektuelles Spiel mag. Es sind immer einfache Geschichten mit Möglichkeiten einer Lesart, unabhängig von Handlung und Erzählung. Sie sind voller Mitleid für eine Welt die sich nie verbessert hat und nie verbessern wird. Die Erzählmuster des Melodrams werden mit dem Autorenkino verbunden.

Die finale Katastrophe, das Fährunglück, steht als Sinnbild für das 'Überleben im Leben'.

Krzysztof Kieślowski filmische Welt geht auf Platons Ideenlehre zurück in der alles mit allem in Verbindung steht und die reale Wirklichkeit als Abbild idealer Urbilder, der Ideen zu begreifen ist. In allen Drei Filmen soll man das Entscheidende, das Eigentliche im Spiel der Schauspieler spüren, nicht im Dialog.