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Die Romanvorlage

 

Die Romanvorlage

Der Name der Rose ist ein in der Tradition der Postmoderne stehender Kultroman der 1980er Jahre. Er stammt aus der Feder des renommierten italienischen Autors Umberto Eco, der Professor für Semiotik an der Universität Bologna und einer der wichtigsten europäischen Intellektuellen ist.

Kriminalgeschichte und Wissenschaftstheorie

Auf 676 Seiten erzählt Eco eine im Mittelalter angesiedelte Kriminalgeschichte aus der Sicht des jungen Mönches Adson von Melk und verarbeitet zugleich postmoderne Erzähl- und Interpretationstheorie, die er zuvor bereits in zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen selbst behandelt hat.

Eco hat es in einer Nachschrift zum Roman von 1983 (Postille a ›Il Nome della Rosa‹) zwar abgelehnt, zu konkreten Fragen Stellung zu beziehen, andererseits aber bekannt, dass es sich um den sehr persönlichen Versuch handelt, eine Reihe wissenschaftstheoretischer Probleme zu bewältigen: “Wovon man nicht theoretisch sprechen kann, muß man erzählen.“

Universalienstreit

Besonders interessiert hat Eco dabei die in der Wissenschaft übliche Form der Begriffs- und Hypothesenbildung. So behandelt er im Roman insbesondere den sog. Universalienstreit, der den Status abstrakter Begriffe im Lichte der philosophischen Richtung der Ontologie zu klären sucht. Der Franziskanermönch William von Baskerville entscheidet sich dabei gegen die Macht der Universalien, d.h. der gedanklichen Konstrukte, zugunsten der sinnlich fassbaren Wirklichkeit. Dies ermöglicht ihm den Blick eines rationalen und kühlen Beobachters, während die restlichen Mönche längst die Macht des Teufels für die mysteriösen Todesfälle verantwortlich machen. Gleichzeitig muss auch William Hypothesen aufstellen, um die Mordfälle im Kloster rekonstruieren und letztlich aufklären zu können.

Intertextualität

Ecos Roman ist gespickt mit einer kaum nachvollziehbaren Anzahl von intertextuellen Verweisen auf andere Autoren und Wissenschaftler. So finden sich Paralleln zu den Detektivgeschichten einer Agatha Christie oder eines Arthur Conan Doyle (die Namen William von Baskerville und Adson sind eine Referenz an das berühmte Detektiv-Doppel Sherlock Holmes und Dr. Watson, vgl. auch A.C. Doyle: Der Hund von Baskerville). Der Wächter der Bibliothek Jorge de Burgos wurde nach dem argentinischen Schriftsteller Luis Borges benannt, der Inquisitor Bernard Gui hingegen ist eine historisch verbürgte Figur.

Weitere von Eco verarbeitete Texte stammen von Freud, Einstein, de Saussure, Aristoteles, Russell, Bachtin und vielen anderen. Oft zitiert der Autor über Seiten hinweg fremde Schriften und verschränkt diese ineinander, so z.B. wenn er wörtlich Bernard Guis Manuel de l’inquisiteur kopiert oder eine spätantike Evangelienpersiflage (Coena Cypriani) zum Traum Adsons verfremdet. Eine weitere Spur weist zu zwei Freunden Ecos, dem Soziologen und Historikers Ginzburg und dem Linguisten Sebeok.

Ein politischer Roman

Eco selbst deutete an, dass sein Werk auch als politischer Schlüsselroman gelesen werden könne. Insbesondere die Kapitel, in denen William an der Vehemenz der religiös fanatisch auftretenden Inquisitoren schlichtweg resigniert, und auch der Schluss des Romans legen nahe, ihn als Allegorie auf die Situation im Italien der linksextremen Roten Brigaden und der Ermordung des italienischen Politikers Aldo Moro zu lesen.

Rezeption

Der Name der Rose stieß auf nahezu kollektive Begeisterung der Kritik und wurde innerhalb kurzer Zeit Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen, die v.a. den zahlreichen verbalen und motivlichen Zitaten nachspürten oder sich der Wirkungsgeschichte des Gelehrtenromans widmeten. Durch geschicktes Marketing und ein entsprechend hohes Werbebudget verkaufte sich Der Name der Rose weltweit über 8 Mio. Mal und erreichte so eine bis dahin kaum geahnte Breitenwirkung. In seiner Nachfolge erschienen zahlreiche weitere Romane, die sich der historischen Epoche des Mittelalters annahmen. Das Interesse an italienischer Literatur in Deutschland wuchs.

Der Name der Rose gilt heute neben James Joyces Ulysses als Prototyp des postmodernen Romans, welcher sich durch Überstrukturierung mit mehrfachem Sinn, ein hohes Maß an Intertextualität, fragmentarisches Erzählen und den Einsatz von Collagetechniken auszeichnet.

Quellen