US 

Hintergründe zu To Be or Not To Be

 

Hintergründe zu To Be or Not To Be

Von der Idee bis zum Ende ist der Film ein Ernst Lubitsch Film.

Bereits während der Vorbereitungen kamen Absagen. Samson Raphaelson hatte wenig Lust 1941 Witziges über die Nazis zu erfinden. Miriam Hopkins fand die Rolle der Maria Tura zu unbedeutend. Carole Lombard hingegen war sofort hin und weg und wollte die Rolle unbedingt. Auch Jack Benny, einer der bekanntesten Entertainer, der Lubitsch für die Rolle bereits beim Schreiben vorschwebte, war begeistert unter Lubitsch spielen zu dürfen.

Einen Tag vor Weihnachten 1941 war der Film abgedreht. Wenig später starb Carole Lombard beim Rückflug von einer Werbetour für die amerikanischen Kriegsfinanzen beim Flugzeugabsturz. Die Trauer um sie verstärkte noch die Erbitterung, die Ernst Lubitsch nach der Premiere im März 1942 von allen Seiten entgegenkam.

Miklós Rózsa komponierte eine kurze Begleitmusik zur Zerstörung Warschaus, weil Ernst Lubitsch mit der Arbeit Werner R. Heymann unzufrieden war. Heymann wollte später ungenannt bleiben und bezeichnete den Film noch 1987 als Entgleisung.

Ernst Lubitsch wehrte sich:

“Ich habe drei Todsünden begangen, so scheint es – ich habe die üblichen Genres missachtet, als ich Melodrama mit komischer Satire und sogar mit Farce verband, ich habe unsere Kriegsziele gefährdet, weil ich die Nazibedrohung verharmloste, und ich habe außerordentlich schlechten Geschmack bewiesen, weil ich das Warschau von heute als Schauplatz für eine Komödie wählte.” Die Polen habe er nie beleidigen wollen, aber “ich gebe zu, dass ich die Nazis nicht so dargestellt habe, wie das Filme, Romane und Stücke sonst tun, wenn sie Naziterror zeigen. Keine Folterkammer, keine Auspeitschung, meine Nazis sind anders: Sie sind längst über die Stufe hinaus. Brutalität, Auspeitschen und Tortur sind ihre Alltagsroutine. Sie reden darüber wie ein Geschäftsmann über den Verkauf einer Handtasche. Sie machen ihre Witze über das KZ und die Leiden ihrer Opfer. ... Ich war die üblichen Rezepte leid: Drama mit Komödie oder Komödie mit Drama aufzulockern. Ich beschloss, einen Film zu drehen, nichts und niemanden zu lockern, sondern Drama, Komödie oder Satire einzusetzen, wo es die Situation verlangte.”1

Immer noch sah Ernst Lubitsch Geschichte als das zufällige Ergebnis individueller Wünsche und Ängste an. In Sein oder Nichtsein verwirrt Lubitsch die Sympathien der Zuschauer. Diese finden sich plötzlich auf der falschen Seite, wenn sie im Schwarz-Weiß-Schema reagieren. Wenn die Polen auf Hitler starren, wenn ein Offizier im Gestapohauptquartier sein Opfer zu Vernehmung führt, haben die Opfer unsere Sympathie. Und was passiert? Hereinkommt ein kleiner Junge, der sich fröhlich seinen Panzer abholt und zugleich seinen Vater anschwärzt. Hitler ist in Wirklichkeit ein kleiner Schauspieler, den Regisseur und Kollegen drangsalieren, und sogar der Nazioffizier wird uns sympathisch, wenn er wegen eines Hitlerwitzes ins Schwitzen kommt. Jede Einstellung widerlegt unsere Sympathien und Antipathien: Bronski ist Hitler, Tura mimt den Gestapochef, der Junge ist kein Opfer, nur Warschau ist wirklich zerbombt. Alles ist Absicht bei Ernst Lubitsch, der schon immer den Zuschauer bravourös manipulierte. Hier vertieft er die Wirkung noch durch die Theatermetapher.

Jeder spielt Rollen und die Nazis führen Regie. Es wird zum Running-Gag, dass sich die Polen so gut in die Deutschen hineindenken, dass sie im Voraus wissen, was diese sagen und tun werden. Die Zuschauer lachen über die perfekte Mimikry und Seelenverwandtschaft von Tätern und Opfern, über die falschen Bärte und die echten Unsicherheiten auf beiden Seiten. Ernst Lubitsch stilisiert die Nazis nicht zu Superschurken, sondern gibt sie als Schmierenkomödianten der Lächerlichkeit preis. Es läuft letztlich darauf hinaus, dass die Polen und damit auch die Zuschauer den Nazis ähnlicher sind, als vielen und besonders den Emigranten gefiel…

Die Nazis unterliegen aber auch weil wir sie kennen und sie einschätzten können, nicht weil sie verspottet werden.

Quellen und Literatur

  • 1 Ernst Lubitsch: Mr. Lubitsch Takes the Floor for Rebuttal. In: New York Times, 29. März 1942.
  • Herta-Elisabeth Renk: Ernst Lubitsch. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1992, ISBN 3-499-50502-9