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Rezeption

 

Rezeption

Paradise Now lief in vielen Wettbewerben und gewann folgende Preise: Internationale Filmfestspiele Berlin 2005, Golden Globe, „Blauer Engel“ für den besten europäischen Film, Amnesty-International-Filmpreis und mehrere regionale Filmpreise. Da er die erste filmische Auseinandersetzung im Kino mit der Selbstmordattentäter-Problematik ist, erregte er international die Gemüter der Kritiker. Manche sahen in ihm den Vorwurf des Antisemitismus bekräftigt, der in der Tatsache liegen würde, dass der Film keine israelischen Opfer zeigt. Islam.de hingegen vertritt wie viele andere liberalere Quellen die Meinung, der Film zeichne sich gerade in dieser radikalen Einseitigkeit, die ein Nachdenken provoziere, aus:

“Abu-Assad verzichtet fast völlig auf psychologische Interpretationen – kein Pathos, keine Träne wird gezeigt – wie auch auf die Unterstützung von Musik. Er bleibt an der sichtbaren Oberfläche und überläßt es den Zuschauern, Anteil zu nehmen oder nicht. Zur Identifikation oder gar Sympathie mit den Attentätern ruft der Film an keiner Stelle auf, aber er ergreift einen, über sie nachzudenken1

Auf die Frage, ob er Selbstmordattentate verurteile, antwortet Hany Abu-Assad:

“Warum denn? Ich bin gegen die Tötung von Menschen, und ich will das stoppen. Aber ich verurteile die Selbstmordattentäter nicht. Für mich ist das eine sehr menschliche Reaktion auf eine extreme Situation2

Ohne Schuldzuweisungen erzählt der Film vom Leben zweier “normaler” junger Männer, deren Lebensbedingungen stark unter der politisch instabilen Lage leiden. Arbeitslosigkeit und Eintönigkeit bestimmen ihren Alltag. Paradise Now bringt diese Aspekte ebenso ein, wie die täglichen Schikanen, die man im Grenzgebiet erleben muss. Als Suha die Grenze passiert, ist ein Maschinengewehr auf sie gerichtet und ihr Gepäck wird rigoros durchsucht.

Es gibt bestimmte Insitutionen und Organisationen, die den Film boykottieren. So ein israelischer Verein, in dem sich Eltern organisieren, die ihre Kinder durch Selbstmordattentate verloren haben: Sie gaben an die Academy eine Petition ab, in der die Disqualifizierung des von den palästinensischen Autonomiebehörden nominierten Films gefordert wurde. Der Regisseur verweist in einem Interview auf den Kunstwert des Films:

“Es ist ein Film und kann als solcher unterschiedlich interpretiert werden. Hoffentlich ist es uns als Künstler erlaubt, eine Realität zu zeigen, die oft hässlich ist. Wir haben alle eine bestimmte Sichtweise und das Recht, diese auszudrücken3

So wurde Paradise Now auch vom Israel Film Fund gefördert und im Beisein des Regisseurs in Tel Aviv und Jerusalem vorgeführt, was anschließend zu fruchtbaren Diskussionen geführt hat.

Der Interpretation vieler europäischer Kritiker, dass es Abu-Assad mit diesem Film gelungen sei, die zugrunde liegende komplexe Thematik authentisch und überzeugend differenziert darzulegen, ohne dabei moralisierend oder belehrend zu wirken, steht dennoch einer harschen Verteufelung der gewählten Thematik entgegen, wie sie Matthias Küntzel in seinem Artikel vom 06.10.2005 betreibt. Dort heißt es unter anderem:

“Im Film sind alle Israelis böswillige Täter und alle Palästinenser gutwillige Opfer. Die in Szene gesetzte Terroristen-Propaganda bleibt unwidersprochen und wird in dieses dichotome Muster integriert4

Der Artikel zielt auf die angebliche antisemitische Perspektive und spricht von “zionistischem Furor”.

Es bleibt festzuhalten, dass Paradise Now eine ungeheure Medienaufmerksamkeit erfahren hat und großflächig die Meinung vertreten wird, der Regisseur überlasse dem Zuschauer die Interpretation des Films.

Quellen

Regisseur Hany Abu-Assad in der Wikipedia (dt.)

Sympathiewerbung für Selbstmordattentäter? – Artikel über die Aussage des Films in der linksgerichteten Zeitschrift analyse+kritik

1 Interview mit Hany Abu-Assad über seinen Film

2 „Paradise Now“ – Die Unerträglichkeit des Lebens in den besetzten Gebieten. Film über zwei Selbstmordattentäter auf islam.de

3 Interview mit Hany Abu-Assad (engl.)

4 “Kritik am Filmheft der Bundeszentrale für Politische Bildung Selbstmord „für ein höheres ideelles Gut“?